Alte Musik

Murnau hat eine lange Blasmusiktradition, die in die zweite Hälfte des 19.Jahrhunderts zurückreicht. Unterlagen alter Murnauer Vereine überliefern, dass bereits den 1.Schäfflertanz 1859 eine Blechmusik aus dem Ort umrahmte. Ein Zeitungsartikel zum 25-jährigen Stiftungsfest des Liederkranzes Murnau vom 21.November 1887 belegt die Existenz einer Murnauer Musikkapelle eindeutig, in dem es u.a. heißt: „...Die Blechmusik trug auch ein gelungenes Potpourri mit dem Titel „Durch 25 Jahre", gewidmet dem Liederkranz von Anton Veit, vor. Dieser Anton Veit dürfte der Leiter der damaligen Kapelle gewesen sein. Später hat ein Bruder von ihm, Herr Johann Veit, die Musik als Dirigent übernommen. Nach belegten Aussagen des Herrn Anton Veit (1907 - 1986), Schneidermeister in Murnau, Pfarrstraße, selbst langjähriger 1.Trompeter bei der Musikkapelle Böck vor dem 2.Weltkrieg und nach diesem noch einige Jahre als Dirigent, wurde der sog. Musikverein Murnau I etwa um 1880 gegründet. Zuvor wird es sich lediglich um einen losen Zusammenschluss von Musikern gehandelt haben.

 

Anzunehmen ist, dass alles in kleinem Kreis mit einfachsten Instrumenten begann und es sich damals wie heute um Idealisten handelte, die mehr investiert als profitiert haben. Allein die Liebe zur Musik, die Gemeinschaft und um den Leuten eine Freude zu machen lassen einen Musiker viel Freizeit opfern.

 

Da es keinen gemeindlichen Musiklehrer gab, dürfte die Ausbildung nebenbei stattgefunden haben und aller Wahrscheinlichkeit auch nicht so lange und präzise gewesen sein wie heute. Die meisten Verrichtungen wurden mit 8 – 10 Mann gespielt wie aus den Protokollen ersichtlich war. Eine doppelte oder gar mehrfache Stimmenbesetzung gab es nicht und so blieb wenig Zeit zum Schnaufen, wenn man seine Stimme ordnungsgemäß blasen wollte.
Die Anforderungen, welche über die Jahre immer mehr gestiegen sind, waren damals vor über 120 Jahren sicher nicht so hoch wie heute. Da es weder Radio noch Fernsehen gab und die Blasmusik neben Gesangsvereinen meist der einzige Musikträger am Ort war, darf jedoch angenommen werden, dass nahezu die gesamte Bevölkerung, wenn die Musik aufgespielt hat, auf den Beinen gewesen sein dürfte.

 

Der Musikverein Murnau II wurde 1898 gegründet und dessen Statuten aus dem Jahre 1903 seinerzeit vom königlichen Bezirksamt Weilheim genehmigt.

 

Somit hatte Murnau von 1898 an zwei Musikvereine, welche sich im August 1913 unter dem Namen „Murnauer Musik-Kapelle" zusammenschlossen. Der abgeschlossene „Protokoll-Vertrag über die Vereinigung der beiden Musikkapellen Murnau" behielt den beiden Musikvereinen im Falle eines Zerwürfnisses zwischen den Musikern innerhalb von fünf Jahren eine saubere Trennung über die Instrumente sowie die Mittel vor. Des Weiteren musste die zweite Kapelle in diesem Fall wenigstens neun Mann und die Mitglieder gebürtige Murnauer sein.

 

Der langjährige Dirigent war der Uhrmachermeister Johann Böck. Durch den 1.Weltkrieg musste ab 1914 eine Zwangspause eingelegt werden, die 1919 mit dem Verlust von drei Musikern wieder beendet wurde. Im Mai 1922 bekam der Musikverein vom Magistrat Murnau ein Geschenk in Form von 100.000,- Mark zur Anschaffung von Musikalien und zur Reparatur von Instrumenten. Vor dem 2.Weltkrieg fanden am Sonntagvormittag regelmäßig Standkonzerte vor dem Rathaus und viele weitere zu bestreitende Auftritte statt. So fand am 22.Mai 1923 die Einweihung des Kriegerdenkmals in Murnau statt, zu der viele Vereine der umliegenden Gemeinden kamen und von der Musikkapelle am Bahnhof abgeholt wurden. Am 5.August 1923 spielte die Kapelle zum 30-jährigen Gründungsfest des Trachtenvereins Murnau eine Serenade am Ludwigsdenkmal und anschließend den Marsch zur Turnhalle.

 

Infolge der Inflation und der Geldentwertung war es um die Finanzen so schlecht bestellt, dass nicht mehr im Wirtshaus Probe gehalten werden konnte und zu einem Mitglied des Musikvereins nach Hause ausgewichen werden musste. Aus dem Protokoll wird das ersichtlich: „Ein Beweis dafür, wie rasch die Geldentwertung von statten ging, war, dass der ganze Jahresverdienst des Musikvereins von 12.078.000,- Mark am Ende nur mehr 12 ½ Pfennig wert war.
Zu dieser Zeit hatte die Musikkapelle auch ein Streichorchester und es kam des Öfteren vor, dass die Blechmusik mit zehn Mann und die kleine Streichmusik des Vereins zur gleichen Zeit bei verschiedenen Veranstaltungen spielten.
Damals wurde auch bestimmt, dass die Dirigentenschaft und die Vorstandschaft getrennt zu halten seien. Dem Musikleiter wurde freie Hand in allen musikalischen und geschäftlichen Dingen zugesichert, während die Vorstandschaft in Vereinsangelegenheiten zu entscheiden hätte.

Es folgten Geburtstagsständchen u.a. bei Herrn Dr. James Loeb am Vorabend seines 60. Geburtstags, der es sich nicht nehmen ließ, die gesamte Kapelle reichlich zu bewirten und ihr noch einen namhaften Betrag zu überweisen.
Das 30-jährige Bestehen wurde im Jahre 1928 im Vereinslokal, dem Pantlkeller, begangen. Der damalige Kassier Herr Josef Lecher sagte in seiner Rede über die vergangen 30 Jahre: „30 Jahre im menschlichen Leben sei eine schöne Spanne Zeit, aber 30 Jahre einem Verein seine freien Stunden zu opfern sei im höchsten Maße zu ehren und zu feiern."
Dass der Schäfflertanz 1929 sehr kalt war, lässt sich aus folgender Aufzeichnung ersehen: "Am Faschingsdienstag wurde von 10 – 4Uhr (16 Uhr) gespielt. Infolge der großen Kälte (25 Grad) mussten wir an diesem Tag in zwei Abteilungen spielen, da jeweils eine mit dem Auftauen der Instrumente beschäftigt war."


Auf Einladung des Musikvereins Penzberg nahm die Musikkapelle Murnau am 20.September 1931 am 1. Bayerischen Musikerwettstreit mit dem vorgeschriebenen Stück „Nabuchodonosor von Verdi" in der Oberstufe teil und erreichte mit 49 Punkten den 1. Preis.

 

Über den Ersuch des Sturmbannes II der SA im Jahre 1933, dass die Musikkapelle Murnau die Sturmbannkapelle bilden sollte, wurde nach einer Probe von 22 Anwesenden mit 21 Nein-Stimmen abgestimmt. In den nachfolgenden Jahren mussten auffallend viele Verrichtungen für politische Zwecke gespielt werden. Auf das Drängen einer Formation beizutreten, trat man schließlich dem Kyffhäuserbund bei.

Bei der zehntägigen 600-Jahrfeier des „keyserlich gefreiten Marktes Murnau" im Jahr 1935 war die Kapelle sehr gefordert. Im September wurde ein Ausflug nach Lindau unternommen.

 

Der erste Tanztag des Schäfflertanzes am 12.Januar 1936 wurde folgendermaßen beschrieben:„Den ganzen Tag hatte es geschneit. Es war ein Sauwetter. Die Schäffler waren bis auf die Haut nass. Tagsüber und die Nacht 50 cm Neuschnee." Im Jahr 1936 wurde das Probelokal, das bisher der Pantlkeller war, zum Gasthof Michl (Beinhofer) verlegt und ein Ausflug zum Königssee fand statt. Im September 1936 verschärfte sich die personelle Situation durch Austritte und diverse Postenniederlegungen. Es wurde angeregt eine Weile auszusetzen um später vielleicht wieder mehr Anerkennung zu finden. Es folgte Funkstille, die bis 1938 dauerte.

 

Durch den Einsatz der Gemeinde und im Besonderen des Kyffhäuserbundes wurde wieder begonnen.

 

Die letzte Eintragung erfolgte dann am 7. Mai 1939. Am 2.April 1950 trug Herr Josef Hutter folgenden gekürzten Übergangsbericht in das Protokollbuch ein: „Nachdem sich die Musikkapelle Böck Ende 1938 wieder neu zusammengeschlossen hat und auch wieder mehrere Verrichtungen gespielt wurden, brachte der Ausbruch des 2.Weltkrieges ein jähes Ende. Von den ca. 18 Musikern, die 1938 wieder mitmachten, waren während des Krieges 12 eingerückt."
Da sämtliche noch zu Hause anwesenden Musiker in verschiedenen Gegenden dienstverpflichtet waren, blieben nur noch drei Musiker zum Spielen der Heldengottesdienste. Die ca. 70 Kriegergottesdienste konnten durch Aushilfen aus Eglfing, Söchering und Uffing gespielt werden. Die verbliebenen Musikanten halfen auch in den umliegenden Gemeinden bei solchen Gottesdiensten aus. Weitere Verrichtungen kamen personell und zeitbedingt nicht in Frage. Selbst nach dem Kriegsende 1945 dauerte es noch Jahre bis alle Musikkameraden aus der Gefangenschaft heimkehrten.

Zwischen 1946 und 1948 konnten keine jungen Kräfte für die Blasmusik gewonnen werden. Ab 1948 stieg das Interesse jedoch wieder an und es fingen damals insgesamt zehn junge Burschen an, ein Instrument zu erlernen, von denen einige früher oder später wieder aufgaben und einige andere kamen hinzu. Anerkennenswerter Weise stellte Herr Jakob Utzschneider (Damper) für zwei Abende in der Woche einen Raum in seinem Haus zur Ausbildung zur Verfügung und musste sich mit seinen Angehörigen monatelang die Misstöne, die bei der Erlernung eines Blasinstrumentes üblich und nicht zu vermeiden sind, anhören.

 


Ende 1949 bestand die Musikkapelle Murnau aus folgenden Personen:

Die Alten: Veit Anton, Hutter Mathias, Schmitter Stefan, Gerhard Nikolaus, Walser Josef sen., Lecher Joserf, Niggl Georg, Schmitter Nikolaus, Schnitzer Georg, Führmann Anton und Hartmann Oskar.

 

Die Jungen: Hutter Josef, Daffner Georg, Utzschneider Anton, Walser Ernst, Mayer Franz, Walser Josef jun., Fischer Albert, Bierling Martin, Widmann Klement, Utzschneider Jakob und Adlwart Konrad.

 

1949 spielten dann die Jungen zum ersten Mal im Fasching maskiert als Damenkapelle im Gasthof Griesbräu eine öffentliche Tanzmusik, die sehr gut besucht war.

 

Im Jahr 1950 folgte dann der erste Schäfflertanz nach 14-jähriger Unterbrechung mit 120 Tänzen, der im Großen und Ganzen bei herrlicher Witterung durchgeführt werden konnte. Jedoch wurde man am Faschingsdienstag zum Abschluss bis auf die Haut nass.

 

Am 22.April 1950 verstarb kurz vor seinem 70.Geburtstag der langjährige Dirigent der nach ihm benannten Kapelle, Herr Hans Böck. Herr Böck hat sich um die Blasmusik in Murnau ganz besonders verdient gemacht und die gesamte Musikkapelle hat seinem Wunsch entsprechend nach einem ehrenvollen Nachruf an seinem Grabe die „Träumerei" von Schumann gespielt.
Ebenfalls im Jahr 1950 Primiz des H.H. Paters Thomas Niggl bei den vier Linden, dessen Vater langjähriges Mitglied des Musikvereins Murnau war, und es wurden zehn junge Musiker in den Verein aufgenommen.

 

Im Fasching 1951 fand ein maskierter Umzug der jungen Kapelle mit großem Erfolg statt. Im April wirkte die Musikkapelle bei der Installierung des neuen Pfarrers Philipp Madlener, der nach Pfarrer Lohr die Pfarrei Murnau übernahm mit. Die Grundsteinlegung für das Unfallkrankenhaus Murnau am 26.Mai 1951 wurde in feierlicher Weise umrahmt.

 

Zum 70. Geburtstag des Heimatdichters Prof. Dr. Max Dingler am 14. Mai 1953 wurde ein Ständchen gespielt.

 

Am 29. März 1954 gab die Kapelle ihrem im 26.Lebensjahr verstorbenen Bassisten Jakob Utzschneider das letzte Geleit.
Ebenfalls zum 75. Geburtstag von Prof. Dr. Max Dingler spielt die Kapelle ein Ständchen, wurde gut bewirtet und der Jubilar trug einige seiner Mundartgedichte vor.

 

Murnau feiert am 1. Februar 1959 das 100-jährige Bestehen des Schäfflertanzes mit Ehrentänzen an den beiden Krankenhäusern und bei Engelbrecht. Im Juli des Jahres 1959 wurde der langjährige Vorstand und Dirigent Xaver Streidl zu Grabe getragen.

 

Im August 1960 feierte die Pfarrei Seehausenihr 1000-jähriges Bestehen. Bei dessen Festzug und der abendlichen Lichterprozession auf dem Staffelsee war die Musikkapelle dabei. Am 4.September desselben Jahres nahm die Kapelle am 4. Bezirksmusikfest in Peiting erfolgreich teil.

 

1964 wirkte die Musikkapelle beim Schäfflertanz, der 130 Tänze umfasste, mit.

 

Am 13. September 1964 nahm die Kapelle am Musikfest mit Wertungsspielen in Bad Kohlgrub in der Oberstufe teil und erreichte mit 106 von 110 möglichen Punkten einen 1. Rang.

 

Am 21. Mai 1965 teilte die Musikkapelle Murnau unter ihrem Dirigenten Nikolaus Gerhart dem Markt Murnau und den einheimischen Vereinen schriftlich mit, dass sie durch das Ausscheiden mehrerer Musiker und infolge Nachwuchsmangels das Musizieren einstellen müsste.